Erobique – No 2

Wenn man 25 Jahre verheiratet ist, feiert man die Silberhochzeit. Das klingt alt, und in der Tat kann in diesem langen Zeitraum viel passieren. Viele Veränderungen durchlebt man in dieser Zeit.

25 Jahre liegt auch das Debüt „Erosound“ zurück. Erst jetzt ist der offizielle Nachfolger da, und diesen hat Carsten Meyer einfach „No 2“ betitelt. Wer jetzt denkt, dass der Hamburger in dem Vierteljahrhundert untätig war, der irrt ganz gewaltig.

Er war Mitglied bei International Pony, machte Remixe für beispielsweise Justus Koehncke. Zudem hat er mit Schorsch Kamerun oder Studio Braun gearbeitet, hat Filmmusik für „Der Tatortreiniger“ gemacht, bei einigen Bands mitgewirkt, wie den Hamburger Spinners, und ansonsten hat er das Leben genossen.

Letzteres hört man „No 2“ an, aber auch, dass er seine Leidenschaft immer weiter verfeinert hat. Man kann sagen, dass sein Zweitwerk eine echte Wundertüte ist, bei der alles vorhanden ist. Vor allem erschafft er einen Sound, der einem irgendwie gleich beim ersten Durchlauf vertraut vorkommt.

Gleich mit dem Opener „Springinsfeld“ wird man in die goldenen Zeiten von 70er-Jahre-Serienmusik versetzt. Wer aber jetzt eine dauerhafte Retro-Reise erwartet, wird sich täuschen. Vor allem bewegt sich der von Westfalen nach Hamburg umgesiedelte Musiker auf vielen verschieden Terrains sicher umher. Eine Sache verbindet alle Sons: Als erstes haben alle Songs immer einen gewissen Groove und locken einen auf eigene Art auf den Tanzflur. Sei es beim smarten, smoothen „Der Arpeggiator“, welches ungemein soulig ist und mit der Sängerin Nicola Rost fast schon ein liebliches Duett. Auch wenn Carsten Meyer seinen Gesang hier Mensch-Maschinen-artig verstellt hat.

„Acquamarina“ ist eine liebliche Hommage an den Disco-Sound der siebziger Jahre, aber auch French-Disco mag man erkennen. Doch Erobique schickt uns auf einen „Ravedave“, und bei diesem bemerkt man, dass er auch unheimlich Humor in seine Musik bringt. Zudem hat er selbst gesagt, dass er nicht wirklich lange auf einem Rave aushalten mag.

Auch Hits kann er schreiben, das weiß man spätestens durch seinen Insider-Hit „Urlaub in Italien“, auf dem Album entwickelt sich z.B. „Hitsongs von uns Beiden“ auch zu einem schönen Ohrwurm. „Synaesthesie“ mit Sophia Kennedy ist wohl temperierter Soul, der klingt, als würde Joy Denalane sich einfach auf den Groove verlassen.
Ja, der Groove läuft hier wie ein offener Wasserhahn, und dabei wird man dennoch nicht erdrückt. Das ist eine große Kunst, die man erlebt. Was auch sicherlich daran liegt, dass Erobique einen urbanen Sound erschaffen hat, bei dem vor allem die Tasteninstrumente ins schönste Licht gerückt werden. Es ist Musik mit Leidenschaft und Herzblut, die aber dennoch für den Moment gedacht ist und auch immer herrliche Leichtigkeit dabei hat. Eines der Highlights des Jahres!

Erschienen bei: A Sexy Records / Broken Silence

https://erobique.bandcamp.com/