Slowdive – Everything is Alive

Es gibt wenige Comebacks, die erfolgreicher sind als zu den Zeiten, wo die Band ursprünglich aktiv war. Einer der wenigen Fälle ist sicherlich die Wiederkehr von Slowdive. In den ersten Jahren von 1989 bis 1995 waren sie eher ein paar Indie-Kennern ein Name, lediglich in England landeten zwei ihrer drei Alben in den Charts.

Dennoch kann man nicht behaupten, dass die Jahre erfolglos waren. Zum einen haben damals die Menschen mehr physische Tonträger gekauft, und zum Anderen, was noch wichtiger ist, waren sie stilprägend. Man kann sagen, dass sie neben Bands wie My Bloody Valentine, Lush und Ride das Genre Shoegazing mit erfunden haben. Diese Stilrichtung übt auch heute noch große Faszination aus, und man kann sagen, dass die genannten Bands und auch Slowdive viele junge Bands inspiriert haben.

ls 2017 das erste Comeback-Album herauskam, welches sie einfach nach sich selbst betitelt haben, schafften sie es, ein neues Album herauszubringen, welches aber mindestens den Level der ersten Platten hielt. Es ist auch nicht verkehrt zu sagen, dass sie die alten Alben gar übertroffen haben. Nun ist das zweite neue Werk „Everything is Alive“ da, und man muss gestehen, dass es sich bei den ersten Durchläufen ein wenig schwerer tut. Die Songs sind diesmal nicht auf Anhieb so groß, oder besser gesagt, man erkennt diese Größe nicht sofort. Doch das ist auch das Kluge an „Everything is Alive“, denn Slowdive wollen das letzte Werk nicht kopieren.

Deswegen sind die acht neuen Lieder wenig auf den Punkt und auch nicht gezielt songorientiert. Schon der Einstieg „Shanty“ ist meilenweit von ebensolchen und bleibt in seinen ganzen fünf Minuten eher ein klangliches Füllhorn, das mehr auf die Atmosphäre achtet, aber irgendwie hat dieses Lied auch eine ungewohnt kraftvolle Dynamik. Man merkt bei diesem Song aber auch, dass Frontmann Neil Halstead diese Songs für einen anderen Anlass geschrieben hat.

Ursprünglich waren die meisten Lieder für sein Solo-Album gedacht, und dennoch passen die Songs wunderbar in den Slowdive-Kosmos. Beispielsweise bei „Prayer Remembered“ denkt man, dass jeden Moment der Sigur-Rós-Sänger Jónsi um die Ecke kommt. „Alfie“ wiederum ist ein Slowdive Hit, der nur ein wenig länger brauch als „Sugar For The Pill“. Ähnlich ist es bei „Kisses“, dabei ist dieser Song ein schöner warmer, herrlicher Shoegazing-Song. Aber diese Eigenschaft, dass sich Songs auch mal verlaufen dürfen und Zeit bekommen, macht dieses Album so besonders.

Ob bei „Andalucia Plays“, bei dem Neil Halsteads Stimme langsam ist und doch ganz dicht bei einem. „Skin in the Game“ ist Dream-Pop, den neuere Bands wie Beachhouse auch nicht treffender hinbekommen, und „Chained To A Cloud“ ist ein sehr schemenhaftes Stück, welches aber durchaus wandelbar ist. Beim Schluss „The Slab“ lassen Slowdive den Sound sich noch zum herrlichen Genre-Noise aufbäumen. Slowdive haben nach dem großen Vorgänger es genau richtig gemacht und ein feinsinniges Album herausgebracht, welches mit Understatement beeindruckt.

Erschienen bei: Dead Oceans / Cargo

http://www.slowdiveofficial.com/