The Lounge Society – Tired Of Liberty
Wieso habe ich gedacht, dass es sich bei The Lounge Society um eine Band handelt, die schon ein paar Alben auf dem Buckel hat? Wäre zumindest ein schöner Gedanke wenn eine Band nach dem vierten Langwerk noch soviel Energie hätte. Doch bei „Tired Of Liberty“ handelt es sich dann doch um das Debüt der Band, und so klingt es dann auch.
Es ist mitreißend und voller Spiel und Lebensfreude bestückt, das die Geschichte zwar einbezieht, aber nicht davor erstarrt. Denn man könnte sich hier ein wenig an der Post-Punk-Historie abarbeiten. Doch darum geht es der jungen Truppe aus dem britischen Hebden Bridge in West Yorkshire nicht, es geht vielmehr darum, eigene Duftmarken zu setzen.
Der Zeitpunkt ist gut, denn Post-Punk Bands aus England sind noch immer gefragt. Und da setzen sie sich doch ein wenig ab, sie haben zwar das Ungestüme von Idles, sind aber nicht ganz so gegen den Strich gebürstet und auch nicht auf Punk fokussiert. Fortaines DC haben mehr Post-Punk in sich, und dazu ist die Musik des Nachwuchses verspielter und erinnert manchmal an Art Brut, und von Squid unterscheidet sie, dass sie nicht so verkopft zu Werke gehen.
The Lounge Society spielen gerne aus dem Bauch heraus, was bei „It´s Just A Ride“ zu hören ist, wie der Frontmann Cameron Davey freigeistig singt, als würde er den Rest der Band ignorieren. In der Tat wirken viele der Arrangements immer herzlich chaotisch, und manchmal hat man das Gefühl, dass gerade entsprungene Gedanken über Bord geworfen werden, um eine neue Spur zu verfolgen. Ein Paradebeispiel ist dass Schlussstück, „Generation Game“. Da gibt es wilde Punk-Raserei und dann hektische Rhythmuswechsel, die dann auch fast zum Stillstand gelangen, um dann wieder wild zu galoppieren.
Dass bei so einem Durcheinander sich klassische Hits schwer tun, verwundert nicht, und dennoch gibt es schöne schiefe Exponate wie den funkigen Opener „People Are Scary“ oder „Blood Money“, welches für The Lounge Society fast schon anständig verläuft. Doch Hits sind nicht das, was The Lounge Society auf „Tired Of Liberty“ wollen und eher ein Zufallsprodukt. Vielmehr lebt die Band hier einen hippeligen ADHS-Sound-Traum aus, und somit sind The Lounge Society dann auch ein spannendes Unikat.
Erschienen bei: PIAS / Rough Trade