Idles – Crawler

Man muss ja schon sagen dass Idles es verstehen, die Eisen zu schmieden, solang sie noch heiß sind. Manchmal glaubt man, dass Joe Talbot und seine Mitstreiter heimlich BWL studiert und schnell erkannt haben, dass man am besten nach dem Erfolg gleich nachschiebt.

Seit dem zweiten Album und zudem Meisterwerk „Joy As An Act Of Resistance“ sind Idles eine der wichtigsten Bands der Welt und haben dem alten Gaul Punk nochmal ordentlich auf die Hufe geholfen. Danach brachten sie zwei Live-Platten raus, und 2020 erschien mit „Ultra Mono“ das verflixte Album nach dem Durchbruch. Meist gehen Bands dann baden, und auch wenn es spürbar schwächer ist, ist es ausgefallen und dennoch noch immer besser als die Konkurrenz.

Nicht einmal ein Jahr danach ist jetzt „Crawler“ da, und da haben sie nichts an Energie eingebüßt. Vor allem aber haben Joe Talbot und Co, diesmal auch neue Facetten zu bieten. Es geht gleich los beim Opener mit dem schweren Namen „MTT 420 RR“. Dort hört man die ersten Sekunden kaum etwas, erst dann kommt ein wiederkehrender Ton einer Gitarre und dann ein kleiner Schellenkranz, und Joe Talbot singt nachdenklich. Erst später spielt die Band, die mit allen Aspekten dann fast schon Angstperlen auf der Stirn erscheinen lässt. Danach kommt aber ein typischer Idles-Wüterich namens „The Wheel“, der aber auch irgendwie filigraner gebaut ist, als man es sonst gewohnt ist.

Auch kann man neu vernehmen, dass die Band sich auch in Richtung Post-Punk mehr und mehr öffnet. Keine stoische Variante, sondern eine, die in den Songs eine unglaubliche Wucht auslöst. Ein Beispiel ist „Car Crash“, bei dem Störgeräusche eingebaut sind, bei dem das Schlagzeug wuchtig ist und bei dem am Ende alle Instrumente explodieren, sodass es selbst Talbot die Stimme verschlägt. Bei „When The Light Come On“ verdunkelt sich durchaus alles, und auch der Frontmann wütet kaum, sondern singt gefühlt die Dunkelheit an, und dennoch erkennt man ihn. Bei „The Beachland Ballroom“ hat man ein wenig das Gefühl, einen Frühwerk von Nick Cave zu hören, nur dass Nick Talbot hier singt. Oder so verschrobene Wave-Stücke wie „Progress“.

Natürlich gibt es auch gewohnt wütende Idles-Songs wie „The New Sensation“, oder so Hardcore-Punk-Stücke wie „Wizz“ oder „Crawler“. Das Bewundernswerte ist, dass man bei „Crawler“ eine wirkliche Veränderung entdecken kann, bei dem Idles ihre Fühler wirklich ausstrecken, und dennoch ist es ein verdammt typisches Idles-Album geworden. Und natürlich wieder einmal ein verdammt großartiges Werk.

Erschienen bei: Partisan / PIAS / Rough Trade

www.idlesband.com