Knud Voss – Capristube

„Ich habe aufgehört mich für Musik zu interessieren!“, das ist ein Satz den man von Menschen oberhalb der 40 Lenze oft gesagt bekommt. Das ist von den Menschen nicht böse gemeint, aber irgendwie sind die Fühler abgehackt, die einen mit den neusten Bands versorgten, und man greift zu den Bands, die einen in der Sturm-und-Drang-Zeit beeinflusst haben.

Die Band Knud Voss hat diesen Satz bei dem Song „Capristube“ aufgegriffen, welcher auf dem gleichnamigen Album zu finden ist. Doch bei der Band bedeutet es nicht, dass die Mitglieder das Interesse verloren hätten. Im Gegenteil, erst mit Ü40 haben sich die vier Herren 2016 zusammengefunden, um Musik zu machen. Eigentlich ein Zeitpunkt, wo es zumeist schwer ist, noch ein packendes Debüt herauszuhauen. Doch die vier Herren aus der norddeutschen Tiefebene haben ein verdammt druckvolles Punk-Rock-Album hingelegt. Da kann man sagen, dass sich die Lebenserfahrung bezahlt macht.

Die Gitarren sind scharf und können auch weit mehr als drei Akkorde und schaffen es, bis hin zum Post-Rock sich auszutoben. Der Bass drückt, und das Schlagzeug hat immer genug Druck, um das ganze Debüt „Capristube“ nach vorne zu treiben. Der Gesang von Frontmann Andre Thießen ist hungrig, aber nicht planlos wütend, dafür steckt etwas Schauspielerisches drin. Man merkt, es ist ein gutes Zusammenspiel, und ich selber war überrascht, denn beim Wilwarin Auftritt mit der Kieler Buddy-Band Hotel Kempauski war noch Chaos der Chef.

Nicht dass dieser Arbeitgeber ein schlechter ist, aber dieses stimmige Zusammenspiel auf „Capristube“ wirkt beeindruckend und reif, ohne zu vergessen, welche Platten sie damals vor zwanzig Jahren auf dem Plattenteller haben rotieren lassen. Kommen wir nochmal auf das hohe Alter für Punk zurück, das macht sich bei den Texten bezahlt, denn es geht hier nicht um schnödes Biertrinken, aber sie wissen auch, dass sie die Welt nicht verändern können.

Knud Voss haben einen gelassenen Blick auf die Welt und betrachten sie teilweise mit Humor. Das ist beim Titelstück ganz gut, da wird das Hipstertum aufs Korn genommen, ohne moralisch die große Keule zu schwingen. Lebenserfahrung sticht! Und wäre die Welt gerecht, sollte sie Knud Voos entsprechende Aufmerksamkeit bereit stellen, und vielleicht noch eine Kiste spritzigen Biers für den Proberaum.

Erschienen bei: Selbst-Vertrieb

knudvoss.bandcamp.com