Kettcar – Gute Laune ungerecht verteilt
Eins mal schon vorab, dass der Titel „Gute Laune ungerecht verteilt“ des sechsten Album, so charmant ist und dennoch irgendwie auch treffend ist. Schließlich ist nicht nur die gute Laue ist ungerecht verteilt, sondern auch das Kapital.
Das besingen Kettcar bei dem Song „Einkaufen in Zeiten des Krieges“, denn dort ist die Protagonisten nicht gerade von Glück gebeutelt und können nicht zum „König der Löwen“. In diesem Lied legt die Hamburger einer ihrer größten Stärken offen. Sie schreiben Geschichte die aus dem Leben gegriffen sind und feinsinnig beobachtet sind.
Auch dass Kettcar mal die Finger in die Wunde packen, ist bekannt. Aber selten haben sich die Herren um Marcus Wiebusch sich so eingemischt, wie diesmal. Der Opener „Auch für mich 6. Stunde“ gehen sie darauf ein wie schnell wir Nachrichten verdrängen. „Interview, Promo-Tage, Kommentieren der ganzen Lage/ Wichtig, dass man sich verhält, wichtig, dass man Haltung zeigt/ ‚Unser politischstes Album seit …‘/ Oh bitte, ich bin ganz kurz eingeschlafen.“ singen Kettcar und nehmen sich nicht heraus, dass man auch das sterben im Mittelmeer schnell verdrängt.
Der Vorbote zu diesem Album „München“, welches mit der großartigen Band Fjort aufgenommen haben ist hingegen ein kraftvolles Bollwerk, welches musikalisch klar nach vorne geht. Bei „Kanye in Bayreuth“! Wird die Frage gestellt, wie man mit Kunst von fragwürdigen Künstler umgehen soll. Aber auch weitere kleine Geschichten von Alltagshelden wie den Paketboten bei „Doug & Florence“.
„Gute Laune ungerecht verteilt“ ist erfrischend und nach der langen Pause zum Vorgänger „Ich vs. Wir“ (sieben Jahre) erkennt man dass die Band nichts an ihrem Elan verloren haben. Im Gegenteil, noch nie hatten Kettcar so viel Biss und soviel zu sagen. „Gute Laune ungerecht verteilt“ ist somit eines der besten Langspieler der Band und eines der Highlights dieses Jahres.
Erschienen bei: Grand Hotel van Cleef / Indigo