Various Artists – I´ll Be Your Mirror

Als 1967 offiziell das Debüt „The Velvet Underground & Nico“ herauskam und es damals so gerade die Top 200 der amerikanischen Charts erreichte, hat keiner geahnt, dass es zu den wichtigsten und stilprägendsten Platten aller Zeiten sich entwickeln würde. Es gab schon Anzeichen dafür, dass diese Platte ikonisch wird, denn als es 1966 eine Testpressung gab, hat ein sehr junger und damals unbekannter Musiker namens David Bowie auch eine abbekommen, und diese hat ihn beeinflusst.

Oft liest man auch, dass jeder, der dieses Album gehört hat, auch eine Band gegründet hat. Klingt ein wenig hochtrabend, verfehlt aber die Kernaussage nicht, denn kaum ein Werk hat so viele Musiker beeinflusst, und die Liste der betreffenden Musiker ist ausschweifend. Auch heute noch nennen viele neue Bands, die wissen wie man einen Gitarren-Verstärker anknipst, diese Band als Einfluss. Logische Konsequenz ist, dass Stücke und auch das ganze Album schon zahlreich gecovert wurden.

Da fragt man sich, ob man das vorliegende neueste Tribute-Album braucht, weil es davon reichlich gibt. Die Antwort ist „ja“, weil es hier Versionen gibt, die den Songs andere Seiten abgewinnen. Und da ist man schon verwundert, dass das noch immer gelingt. Dabei gehen die Gäste hier immer mit jeder Menge Respekt vor, aber sie erstarren nicht vor den musikalisch ikonischen Legendensongs. Eines der eindrucksvollsten Lieder ist auf dem Original-Album und auch auf diesem Tribute „Venus In Furs“. Hier wird es gecovert von Andrew Bird & Lucius, die apokalyptischen Streicher sind verschwunden und durch dezente ausgetauscht, und ein Saiteninstrument sorgt noch für zarte Klaustrophobie-Momente.

Auch „Femme Fatale“ kommt anders daher, es wirkt hier leicht halluzinierend und ist dennoch genauso zärtlich wie damals 1967 von Nico gesungen. Kurt Vile hat dem Song „Run Run Run“ noch mehr Kraft und Kompaktheit verliehen, und das steht ihm auch hervorragend. Bei „All Tomorrow Parties“ von St. Vincent & Thomas Bartlett wird der Song zu einer schwermütigen Spieluhren-Melodie. Der ehemalige Sonic-Youth-Musiker Thurston Moore hält hier mit Primal-Scream-Kopf Bobby Gillespie den Song „Heroin“ genauso bedrohlich wie damals und schildert so eindringlich, wie die Droge klingt und so ein Rausch ist.

King Princess macht aus „There She Goes Again“ eine kraftvoll Garage-Beat-Nummer, die auch in den sechziger Jahren hätte aufgenommen sein können. Die britischen Post-Punker der Stunde, Fontaines D.C., lassen „The Black Angel´s Death Song“ als wirklich düsteren Brocken. Selten wurde bei einem Tribute Album so ehrenvoll gehandelt und dennoch jede Menge eigene Facetten beigetragen. Wirklich gelungen.

Erschienen bei: Verve / Universal

www.ververecords.com