Matthew E. White – K Bay

„Was für eine Überraschung ist denn das?“, ist sicherlich einer der ersten Gedanken beim Hören des neuesten Matthew-E.-White-Albums. Denn kennt man nur die Vorgänger-Platten des Musikers und Produzenten (u.a. Flo Morrissey, Natalie Prass), dann konnte man sich an dem Indie-Folk durchaus begeistern und auch schöne Momente einfangen.

Er blieb bei seinen Leisten, doch nun scheint Matthew E. White in ein großes Fass voller Superkräfte gepurzelt zu sein. Dabei hat er aber diese neue Kraft nicht zwingend in einfache Folk-Songs einfließen lassen. Auf „K Bay“ erlebt man ein wahres Wimmelbuch an Klängen, und man muss das Werk auch mehrfach anhören, um alles zu verfolgen und den ganzen Umfang zu erfassen. Was aber schnell auffällt und irgendwie alle elf Songs umfasst, ist die Liebe zum Soul und auch ein wenig Funk.

Nur sind das auch keine klassischen Genre-Songs, denn Matthew E. White biegt mit den Songs oft ab und schlägt Haken wie ein gejagter Hase. So entdeckt er Songs, die man in gewöhnlicher Wildbahn so nicht entdecken kann. Dabei führt der Opener „Genuine Hesitation“ einen erst einmal ein wenig auf eine falsche Fährte. Schließlich ist der Song ziemlich eingängiger Power Pop, der einen irgendwie sofort erreicht. Und auch beim zweiten Song „Electric“ ist die Melodie da, und es groovt, als würden LCD Soundsystem auf einmal Barry-White-Platten sich zur Brust nehmen, und das noch mit Jazz-Funk angereichert ist. Ja, vieles ist ungemein tanzbar, und wo wir gerade bei James Murphys Projekt waren, da kann man auch erwähnen, dass bei einigen Songs die Kuhglocke ein Comeback feiert.

Aber „K Bay“ (benannt nach seinem Home-Office-Studio) gerät eigentlich aus anderen Gründen herrlich aus den Fugen, denn es gibt auch sonderbare Sounds. „Fell Like An Ax“ klingt ein wenig nach einer Geisterstadt, bei dem aber die Streicher immer wieder sticheln. „Only In America/When The Curtains Of The Night Are Peeled Back“ ist ein Storyteller-Song, der auch spooky wirkt mitsamt seinem Sci-Fi-Gerüst, dem hektischen Klavier und der schön abgewrackten Version von Gospel. „Never Had It Better“ ist ein Industrial-Streicher-Stück, das kaum zugänglich ist, aber die Wandlungsfähigkeit vom Matthew E. White zeigt.

Der Schlusssong „Hedged In Darkness“ ist dann eine ausgelassene Kakophonie, bei der Fuzzy-Gitarren und Orchestrales sich hier duellieren, und zwischendrin gibt es Ruhepausen. „K Bay“ ist eine wirkliche Überraschung und Matthew E. Whites Großtat.

Erschienen bei: Domino Records

www.matthewewhite.com