Florian Künstler – Gegengewicht
Wenn jemand jahrelang als Straßenmusiker unterwegs ist, dann kann man sich sicher sein, dass er das Musizieren liebt. Wer stellt sich sonst bei Wind und Wetter in eine Einkaufsstraße, ohne zu wissen, ob der geöffnete Gitarrenkoffer sich mit Geld füllt. Florian Künstler hat diese Straßen auch als Bühne benutzt, und mach mehr als zehn Jahren trägt die Mühe Früchte.
So wurde er vom Haus- und Hofproduzenten von Anett Lousian oder Glasperlenspiel entdeckt. Der Polar (so der Produzent) hat ihn gefördert. Wir Nordlichter kennen ihn auch als NDR Schleswig Holstein Hammer-Gewinner. Die jüngeren Menschen kennen ihn von TikTok, wo er an die 50.000 Follower hat, und es gibt Videos, wo er mit anderen Musikern und Musikerinnen spielt. Anfang des Jahres landete er mit „Kleiner Finger Schwur“ in den deutschen Charts.
Jetzt hat er sich die nächste Etappe vorgeknöpft und mit „Gegengewicht“ sein erstes Album herausgebracht. Es ist ein modernes Singer/Songwriter-Album geworden, bei dem man merkt, dass er auf der Straße gespielt hat. Denn trotz kommerzieller Produktion durchzieht die 13 Liedern etwas Ehrliches. Vielleicht liegt es auch daran, dass es ein persönliches Album ist, bei dem es meistens um Liebe geht und auch oft ums Vermissen, wenn man unglücklich verliebt ist.
Aber der Titel des Albums hat auch etwas mit seinem Leben zu tun, denn dieses war nicht leicht. Sein Elternhaus gab es fast nicht, er wuchs in verschiedenen Pflegefamilien auf und geriet in seiner Jugend auf die schiefe Bahn, doch die Musik ist sein Gegengewicht und hat dafür gesorgt, dass es ihm jetzt gut geht. Das hört man auch, denn seine Stimme klingt kräftig, und dennoch ist immer viel Pathos in den Songs. Zum einen in den Texten, aber auch bei den Arrangements, diese sind gerne ein wenig getragen aber dennoch nicht zu melancholisch. Wahrscheinlich klingen die Arrangements so wie seine Seele, ein wenig traurig, aber mit genug Hoffnung, um das Leben zu überstehen und ein Straßenkonzert sowieso.
Erschienen bei: Universal