Acid.milch&honig – Acid.milch&honig
Es gibt ja unzählige verrückte Rekorde und dennoch kann man nicht wirklich herausfinden, wie der Rekord für die längste Zeit, von der Entstehung des Songs bis zur Veröffentlichung. Ein Anwärter sind einige der Songs auf dem Debüt namens „Acid.milch&honig“ vom gleichnamigen Act.
Immerhin wurden einige Lieder, schon vor ca. 20 Jahren geschrieben, doch es ergab sich nicht dass der Leipziger Produzent, Musiker und DJ diese veröffentlicht. Wer jetzt aber vermutet eine verstaubte Songsammlung an zu treffen, der irrt. Diese Platte ist eine bunte klangliche Spielwiese und es knallt, knarzt, tut weh, bewegt und fängt dich ein.
Dazu trägt André Kreißler alias Acid.milch&honig den Rave im Herzen und so sind viele seiner Stücke tanzbar und es gesellen sich Elektro, Pop und Punk hinzu. Man kann auch sagen dass dieses spät geborene Debüt auch auf einem Label wie Audiolith eine schöne Figur gemacht hätte. Aber bei der seelenverwandten Plattenfirma „OWTF Records“ fühlt sich dieses Album auch wohl.
Doch seine Musik soll nicht nur ein einfacher Rave sein, auch wenn seine meist geheimen Gigs, euphorisch und ausschweifend sind. Er will dem Publikum auch soziale und gesellschaftliche Themen näherbringen und zum Nachdenken anregen, Er sagt selbst dass er in einer linken Subkultur aufgewachsen ist und so sind Konsumkritik oder mahnende Worte über Ausbeutung bei ihm tief verankert. Doch er übt diese Kritik nicht streng oder belehrend daher, denn am Ende soll das Album und auch das Leben irgendwie Spass machen.
Das schafft „Acid.milch&honig“, da es überall rumpelt und mal wütend ist und dann wieder sanft ist. Der Opener „Sag mir“ ist sphärisch und der Sound kriecht wabernd aus den Boxen um dann doch ein Elektro-Pop-Lied zu sein, bei denn er die Hoffnung äußert, dass sich die Welt nicht ändern soll. Wobei wir alle wissen dass Acid.milch&honig doch eine andere Welt gerne hätte.
Sein Elektro-Punk Hit „Panzersong“ wummert fachgerecht und hat ordentlich Dynamik und hätte vor einigen Dekaden auch gut bei Acts wie Mediengruppe Telekommander gemacht. „The Teenagement“ ist ein Synthie-Pop Hit, der nach Referenzen der Achtziger Jahre bettelt und dennoch auf eine illegale Tanzveranstaltung passen würde. Bei „Freebie Things“ klingt es so als würde ein Smartphone verzweifelt Anschluss suchen und irgendwie ist die Melodie erfrischend naiv und es ist auch charmant dass er sein DJ Name als Titel verwendet. Punk-gepolter tischt der Leipziger Undergrund Musiker bei „Netzwerksong“ auf und „Container Crowd“ ist Pop mit einer guten Portion Wahnsinn ausgestattet. „Acid.milch&honig“ hat lange gebraucht, aber dafür ist es ein jung gebliebenes Debüt, welches Kritik und Ausgelassenheit vereint.
Erschienen bei: OWTF Records / Broken Silence