Father John Misty – Chloë And The Next 20th Century
Dass Joshua Tillman alias Father John Misty ganz besondere Songs schreibt, hat sich spätestens seit dem zweiten Album „I Love You, Honeybear“ herumgesprochen. Seitdem hat er immer wieder neu beeindruckt, und da macht auch die neue Platte „Chloë And The Next 20th Century“ keine Ausnahme.
Man kann sogar ein wenig angeben und behaupten, dass „Chloë And The Next 20th Century“ vielleicht sein bestes ist. Und das kann man sich schon erst einmal nicht vorstellen, denn der ehemalige Fleet-Foxes-Musiker hat so ein feines Gespür, tolle Songs zu schreiben und auch zu arrangieren. Auch diesmal zeigt er sein ganzes Können und hat sich dennoch ein wenig spezialisiert. Gleich der Opener „ Chloë“ zeigt, in welche Richtung es geht.
Man wird schon bei diesem Stück in die 20er Jahre katapultiert. Zeiten wo noch keine DJs mit digitalen Dateien zum Tanz aufspielten, sondern richtige Orchester ebendazu einluden. Man kann sich fast schon bildlich vorstellen, wie hier Menschen einen Charleston auf das gewienerte Parkett legen. Ja, Father John Misty macht hier die ganz große Vaudeville-Kiste auf, ohne dabei je in einen Eimer voller Kitsch zu greifen. Father John Misty ist clever und weiß, wie er Songs arrangieren muss. Schon der zweite Song „Goodbye Mr Blue“ zeigt, wie behutsam er umgeht, und so ist es ein wunderbar sanftmütiger Country-Song. Dieses Lied kann sogar Skeptiker des Genres überzeugen, weil es jetzt schon wie ein zeitloser Klassiker wirkt.
„Kiss Me (I Love You)“ hat schon herrlich cineastische Züge und ist dabei so sinnlich und eindringlich wie der erste Kuss einer neuen Liebe. Und auch bei dem nachfolgenden „(Everything But) Her Love“ möchte man seine Liebste nicht mehr loslassen. Selbst Easy Listning, wie „Olvidado (Otro Momento)“ klingt hier so glanzvoll wie polierte Kronjuwelen und hat einen dezenten Bossa-Nova-Schwung. „Funny Girl“ hat ebenfalls soviel Glanz und stammt aus einer Zeit, als die Entertainer noch ein echtes Orchester anbei hatten und gegen die die Swing-Platten von Robbie Williams blutarm wirken. Bewundernswert ist auch, wie das Orchester zwar kraftvoll auftritt und dennoch filigran wie eine Miniatur-Porzellan-Figur wirkt.
So etwas lässt sich die ganze Zeit bestaunen, fällt aber bei „We Could Be Strangers“ besonders auf. Beim Schlusssong „The Next 20th Century“ bäumt sich im Song mittendrin dann noch ein Wall Of Sound auf. „Chloë And The Next 20th Century“ ist eine weitere Großtat von Father John Misty.
Erschienen bei: Bella Union / PIAS