Tirzah – Colourgrade

Wenn Musiker Eltern werden, dann klingt die nächste Platte häufig sanft und so, als würde man von einer warmen Decke vor der Welt beschützt werden. Das Debüt „Devotion“ (2018) der britischen Musikerin Tirzah war seinerzeit erstaunlich und warf einen Blick in die Zukunft der Musik.

Zwischenzeitlich ist sie nun zweimal Mutter geworden, und wer vermutet, dass es jetzt kuschelig, zugänglich und nach Mutterglück klingt, der täuscht sich. Tirzah zeigt sich auf dem zweiten Langspieler „Colourgade“ noch entfremdeter als beim Erstlingswerk. Schon beim Opener und Titelstück bemerkt man dieses. Der Gesang ist teilweise geschichtet und verzerrt, dazu komische Pfeifgeräusche und ein Bass, der metallisch wummert.

Mit „Tectonic“ zeigt die Musikerin, wie futuristisch R´n`B klingen kann, bei dem der Gesang eher ein Sprechen ist. Dazu eher Sounds, die noch grauen Betonblöcken klingen als nach warmen Sounds, die man aus dem Genre kennt. So ist es dann auch auf dem ganzen Album, es ist immer ein sehr dunkler Gesang und Sprechgesang. Man könnte auch folgenden Vergleich aufstellen: Was The XX für die Neuaufstellung der Indie-Musik gemacht haben, macht Tirzah im erwähnten Genre. Klanglich sind The XX und Tirzah auch nicht weit voneinander entfernt. Ein Song wie „Hive Mind“ könnte auch von der Band stammen.

Was auch beide eint, ist, dass die Songs verhalten daher kommen. Tirzah aber macht dann doch ein paar Unterschiede, und der markanteste ist sicherlich, dass sie zarten Noise einarbeitet, und bei „Recipe“ lotet sie Grenzen zum Shoegazing aus. Auch „Sleeping“ ist so zärtlich gegen den Strich gebürstet und sorgt mit dem gekonnt leichten Lärm dafür, dass man eher schlaflos ist. Dass sich dabei auch feine Melodien herausspinnen wie der kleine Hit „Send Me“, der einen ungemein sanft berührt und dann mit krachenden Gitarren überrannt wird, ist ein zusätzliches Plus. „Colourgrade“ ist ein Blick in die Zukunft der Musik.

Erschienen bei: Domino Records

www.tirzah.uk