Various Artists – Yacht Soul – The Cover Versions

Man kann, ohne zu übertreiben, behaupten, dass Marcus Liesenfeld alias DJ Supermarkt und seine Crew von „Too Slow To Disco“ geschafft haben, ein Genre zu etablieren, welches jahrelang von einem Großteil ignoriert wurde.

Ganz nebenbei ist Marcus Liesenfeld der Namensgeber für das neu aufgelegte Genre, denn es handelt sich um Yacht Rock, ein Genre, welches in den Siebzigern von Bands wie Toto, Steely Dan oder Doobie Brothers betrieben wurde und bis zum Milenniumswechsel unter dem Namen „Adult Orientated Rock“ (AOR) für Furore sorgte und dennoch gefühlt nur von Yuppies gehört wurde. Letzteres ist natürlich Unsinn, denn auch damals waren Songs wie „Long Train Running“ mitreißend, und zudem war die Musik dann doch auch stilsicher und ungemein gut produziert.

Das hat DJ Supermarkt recht schnell erkannt und der Generation Smartphone schnell beigebracht, dass diese Musik doch herrlich schön ist. Seitdem ist viel passiert, nicht nur, weil es einen neuen Namen gibt. Denn das Team von „Too Slow To Disco“ hat die Musik auf eigenen Partys etabliert, und auch Compilations gibt es, die sich für heutige Zeiten auch recht passabel verkaufen. „Yacht Soul – The Cover Versions“ ist die neueste Ausgabe und bleibt genauso auf einem hohen Niveau, wie man es von dieser Serie gewohnt ist. Nur diesmal gibt es wieder eine besonderes Thema, es geht um Coverversionen.

Dabei sind die ausgewählten Stücke alle aus dem Yacht Rock stammend, die es überarbeitet haben, sind dem Soul zugewandt. Wobei da die Genre-Grenzen nicht bierernst gezogen werden. Denn die Tavares, die hier „I Hope You´ll Be Very Unhappy Without Me“ von Bill Labounty sich zur Brust nehmen, verortet man ja eher in der Disco-Welle. Andersherum denkt man bei „God Only Knows“ von The Beach Boys auch nicht zwingend an AOR, das wird aber hier wunderbar soulig und geschmeidig von der großen Betty Everett interpretiert. Der Einstieg in diese Zusammenstellung stammt von einem der schönsten Yacht Rock Songs, nämlich „Summer Breeze“ von Seals & Crofts, das von der Soul-Funk-Truppe The Main Ingredient hier sehr dicht am Original bleibt, dann was will man bei so einem großen Song etwas ändern. Nur die Stimmen sind souliger, und das Cover ist zudem auch in Nuancen breiter arrangiert.

Mehr Wucht bekommt Steely Dans „Dirty Work“, was vor allem an den Stimmen der Pointer Sisters liegt. Wo wir gerade von Stimmgewalt sprechen, muss man natürlich erwähnen, dass Aretha Franklin gesanglich die Doobie Brothers bei „What A Fool Believes“ hier klar schlägt, nur bei den Arrangements liegt das Original doch um eine Nasenlänge vorn. Chaka Khan hat ja auch viel Volumen und Kraft in ihrer Stimme und nimmt sich hier Fleetwood Macs „Everywhere“ an, wobei man im Original die Melodie weitaus mehr ins Herz schließen kann, was aber auch daran liegt, dass die neue Version aus dem Jahre 1996 stammt und man es ihr auch anhört.

Richtig soulig und durchaus auch ein wenig funkig ist The Wings „Let Em In“, welches hier von Billy Paul vorgetragen wird. Auch Totos „Georgy Porgy“ findet in der Version von Side Effect den Weg in die Beine. Gerade die letzten Stücke (Quincy Jones covert The Doobie Brothers, Millie Jackson covert Kenny Loggins und Michael McDonald) entwickelt gute Grooves. Auch bei „Yacht Soul – „The Cover Versions“ beweist das „Too Slow To Disco“-Team wieder ein gutes Händchen und macht erneut alles richtig.

Erschienen bei: How Do You Are

tooslowtodisco.com