Camera -Prosthuman
Ein Klischee über Krautrock-Musiker ist ja, dass sie irgendwie verpeilt sind und man sich auf die nie verlassen kann. Aber wie gesagt, das ist ein Klischee und trifft nicht zwangsläufig auf alle Bands dieses Genres zu. Camera ist eine der Gruppen, bei der es definitiv nicht zutrifft. Schließlich kann man sich sicher sein, dass alle zwei Jahren ein neues Album fertig ist, da lassen sie sich auch nicht von einer Pandemie aufhalten, und so steht ihr fünftes Album nahezu pünktlich in den Regalen.
Doch ein wenig sind Camera dann doch klischeehaft, und in den zehn Jahren Bandgeschichte ist der Schlagzeuger mit dem passenden Namen Michael Drummer die einzige Konstante. Irgendwie ist Michael Drummer dadurch in den Mittelpunkt gerückt, das merkt man auch bei der Musik. Denn der Takt ist immer wichtiger geworden und hier treibend und federführend. Das Gekonnte dabei ist, dass es einem gar nicht auffällt, denn es machen einen des öfteren Tasteninstrumente ganz schwindelig.
Der Opener „Kartoffelstampf“ hat anfangs ordentlich Tempo drauf, verliert sich aber nicht in irgendwelchen abdriftenden Exkursen .Danach gibt es krautige Dub-Sounds, die aber nicht in jointseliges Klischee ausartet. Bei „Überall Teilchen / Teilchen Überall“ wird der Klang düster, und man hört Sprachfetzen. „Freundschaft“ ist schon fast New Wave mit einem Mantra-Sound, der total ins Spacige abdriftet. Bei „El Ley“ und anderen Augenblicken ist die Berliner Schule nicht fern.
Man merkt, dass Camera durchaus gewisse Traditionen lieben, sich aber immer wieder neu aufmachen, um Neues zu erschaffen. Das gelingt Michael Drummer und seinen Mitstreitern ganz schön gut, und dass jede Menge Groove dabei ist, wie beim Schlusssong „Harmonie“, macht dieses Album nur noch besonderer.
Erschienen bei: Bureau B / Indigo