Wilma Archer – A Western Circular
Die Musik von Wilma Archer ist schon zwischen den Stühlen und deswegen nicht so präsent. Über das Debüt „Burd“ im Jahre 2019 wurde geschrieben, dass es das beste unbekannte Album des Jahres sei. Und auch vorher war Archer eher unbekannt, am bekanntesten war sein Pseudonym Slime. Dieses ist nicht zu verwechseln mit den Hamburger Punklegenden, denn er machte elektronische Musik, die gedämpft war und dunkel eingefärbt.
Nun ist der Brite seit vier Jahren als Wilma Archer unterwegs, und „A Western Circular“ ist sein zweiter Langspieler unter diesem Namen. Die Musik, die man hier hört, ist dann wirklich schwer zu beschreiben, aber sie hat nur wenig mit seinem alten Alter Ego gemein. Vielmehr findet man auf diesem zweiten Werk sonderbare Kammermusik. Keine Variante, bei der der Schöngeist im Vordergrund Schmiere steht, vielmehr hat man oft das Gefühl, als würde das Orchester einer Geisterstadt hier musizieren.
Immer eine Spur schräg, und dennoch ist es nicht so, dass hier etwas komplett aus den Fugen gerät. Aber es gibt hier auch Platz für Jazz, was man am besten bei „Scarecrow“ spürt, und auch da ist es ein bisschen freakig, und trotzdem werden Pflicht und Kür nicht vergessen. Bei diesem Lied erkennt man auch, dass Will Archer eine Vorliebe für Soul hat. Nicht diesen lupenreinen, den man kennt, auch hier ist seine Variante unkonventionell.
„The Boon“ ist so ein Song, bei dem die Arrangements jazzig sind, der Gesang von Samuel T. Herring aber zwischen Blues, Soul und Crooner. Vor allem schätzt Will Archer auch Musik, die jahrelang ein wenig vernachlässigt wurde und jetzt seit einiger Zeit immer mehr Beliebtheit erfährt. So darf hier mal eine Gitarre gniedeln, Soul Musik auch mal gewisse Spätsiebziger-Klischees erfüllen, und auch darf gern mal Adult Pop und Rock hier ertönen. Nur der Unterschied ist, dass Will Archer etwas
Eigenes daraus macht, die Genres gut kombiniert und sogar HipHop mit einbindet wie bei „Last Sniff“ gemeinsam mit MF Doom. Erwähnen sollte man auch, dass bei „Cheater“ mit Sudan Archives einer der tollsten Songs der letzten Jahre zu finden ist.
Erschienen bei: Weird World / Domino