Sharon Van Etten – Remind Me Tomorrow

Fünf Jahre hat es gedauert, bis Sharon Van Etten ein neues Album herausgebracht hat. Das lag allerdings nicht zwingend daran, dass sie eine Blockade hatte,. Sie war als Schauspielerin unterwegs und hatte eine Babypause. Vielleicht ist das auch der Grund, warum auf dem Cover ein unaufgeräumtes Kinderzimmer zu sehen ist. Und genauso ist teilweise auch die Musik, die Songs sind schwer zugänglich, und an klassische Hits ist nicht zu denken.

Dafür sind die zehn Lieder verstörender als zuvor. Dabei besteht der Knochenbau noch immer aus Indie-Rock, nur ohne jegliche Rock-Mechanismen. Alleine schon die Tatsache, dass die Gitarre diesmal kaum eine tragende Rolle einnimmt, beweist es. Dafür hat Sharon Van Etten diesmal mehr Synthesizer eingesetzt. Das mag einen erschrecken, doch es tut „Remind Me Tomorrow“ wirklich gut. Sie übertüncht die Songs nicht damit. Sie geht filigran ans Werk.

Der Opener „I Told You Everything“ zeigt ein Piano, das erst einmal nackt daher kommt, und nach und nach tauchen elektronische Schichten auf, die sich ganz sanft über die Piano-Akkorde und den Song legen. Bei „No One´s Easy To Love“ ist der Sound aber schon kraftvoller, und dennoch hat die Melodie etwas Leichtes in sich und man darf in diesen Momenten sogar an gute Garbage-Songs denken. Tief in die Dunkelheit gräbt sie sich bei „Memorial Day“ hervor, und beim nachfolgenden „Comeback Kid“ klingt sie wie Florence Welch im Schatten, aber dieses Lied ist das eingängigste auf diesem Album.

Die zweite Hälfte von „Remind Me Tomorrow“ ist dann schwerer verdaulich. So ist „Malibu“ am Ende mit leichtem Noise versehen, oder „You Shadow“ wartet mit einer Kirchenorgel und düsterem Bombast auf. „Hands“ ist wuchtig und hat eine so rabenschwarze Aura, dass man neben der ganzen Wall of Noise sogar das Gefühl hat, Raben krächzen zu hören.

Der Schlusssong „Stay“ ist hingegen leichter und hat verspielte Klänge und Betas, die sogar ein wenig in Bewegung geraten. „Remind Me Tomorrow“ ist sicherlich ihr schwerst verdauliches, zugleich auch ihr bestes Werk, da sie ihren eigenen Kosmos erschaffen hat, in dem noch viel Großes geschehen wird.

Erschienen bei: Jagjaguwar / Cargo

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