Fever Ray – Radical Romantics
Man kann sich sehr viel vorstellen, wenn Karin Dreijer alias Fever Ray Musik macht. Auch über viele Themen, die sie behandelt, allerdings muss man sagen, dass Romantik sicherlich nicht an erster Stelle ihres Schaffens steht. Gut, der Hit „Heartbeat“, welchen sie mit ihrem Bruder als The Knife aufgenommen hat, hat im entferntesten Sinne damit zu tun. Doch ansonsten denkt man eher an Isolation und kalte Gefühle, was vielleicht auch mit den meist kühlen Klangkonstrukten zu tun hat, die man in ihrem Oeuvre zuhauf findet.
Doch bei ihrem neusten Langspieler „Radical Romantics“ kümmert sie sich genau darum, aber in ihrer typischen Art und Weise. Denn klassische Liebeslieder sind es auch diesmal nicht geworden, doch das hätte auch keiner erwartet. Das erste Album seit dem 2017 veröffentlichten „Plunge“ ist aber das vielseitigste Album, welches sie unter Fever Ray und auch The Knife erarbeitet hat. Die Liebe und Romantik lässt halt viel Spielraum. E geht um die Elternliebe, aber auch Gewalt in der Liebe und die klassische Liebe.
Das bedeutet auch, dass es vom Sound viele Facetten gibt. „Even It Out“ klingt, als würde der neue Superstar Rosalia ein Industrial-Tanzstück gemacht haben. Bei „Shiver“ hat sie ein wenig Depeche Mode gesampelt, und dabei ist es dennoch ein typisch schönes Fever-Ray-Lied geworden. „Kandys“ klingt wie ein Update des The-Knife-Hits „Pass it On“, bei „Carbon Dioxide“ ist ordentlich Tempo dabei, und man neigt zu tanzen, aber irgendwie geht es nicht. Es könnte daran liegen, dass einem hier die Beats und Sounds nur so um die Ohren fliegen.
Danach holt das folgende „North“ einen herunter und hat eine ähnliche Düsterheit wie das aktuelle Depeche-Mode-Album, nur dass Karin Dreijer hier den Gesang mehr flüstert, als dass sie ihn singt. Bei dem siebenminütigen Schlusssong „Bottom Of The Ocean“ setzt sie ihre Stimme als Gesang ein, während im Hintergrund nervöse Drone-Klänge sie begleiten. Von ungewöhnlichen Klängen lebt „Radical Romantics“, und es ist immer eine Mischung aus Wohlbehagen und nervös-aufkratzendem Sound, die man hier hört.
Wenn man jetzt auch noch liest, dass bei „Radical Romantics“ Atticus Ross, Trent Reznor von Nine Inch Nails, dem portugiesischen DJ Nidia, Johannes Berglund, Peder Mannerfelt, Pär Grindvik, Vessel und auch ihr Bruder Olof Dreijer mit im Studio tätig waren, wundert man sich nicht über solch unterschiedliche Tracks und ebenso verschiedene Sichtweisen von Liebe und Romantik.
Erschienen bei: Habid Records