Meese X Hell – Hab Keine Angst, Hab Keine Angst, Ich bin Deine Angst

Eigentlich ist es ein logischer Weg, dass Helmut Geier alias DJ Hell und Jonathan Meese gemeinsame Sachen machen würden. Beim letzten Album von Hell hat Meese schon das Artwork gemacht, und beide kannte sich vorher, aber aus der kleinen Zusammenarbeit wurde ein ganzes Album mit dem Titel „Hab Keine Angst, Hab Keine Angst, Ich bin Deine Angst“.

Mit diesem Album sorgen sie sicherlich bei manchen Menschen nicht unbedingt gleich für Angst, aber für Unbehagen, denn die Musik ist meist kühl und sehr technoid, und das mit alter Tradition. So kann man viel DNA vom EBM finden, also dem kalten Vorbereiter zum Techno, und auch die Ästhetik von Helden wie DAF ist hier immer da. Man kann sagen, dass Meese und Hell hier dem Electro-Punk-Acker ein paar neue Furchen hinzugeben.

Doch darum geht es den beiden Künstlern sicherlich nicht, vielmehr wollen sie ein Zeichen für eben die Kunst setzen. Diese ist ja die erste, die von Politik und Gesellschaft in der Pandemie über Bord geworfen wurde, und es wird auch dauern, bis sie wieder Zuneigung erfahren oder zum Leben erweckt wird. Klar, man kann Konzerte streamen und Filme bei Netflix abrufen, dennoch geht das Handwerk viel mehr verloren, und die Schäden noch nicht absehbar. Vielleicht wirkt deswegen dieses Album so radikal, auch weil die Texte oft reduziert sind und als Loop funktionieren. Das ist manchmal nicht ganz einfach und teilweise auch ein wenig anstrengend. Dennoch muss man gestehen, dass Meeses Stimme sich hier sehr wandelbar gibt und durchaus theatralisch ist. Und Hell sieht in ihm einen ähnlichen Typen wie Gabi Delgado.

Zudem gibt es einige Verweise auf Popmusik von Kraftwerk bis zu den Einstürzenden Neubauten. Was charmant an diesem Album und besonders liebenswert ist, ist die Tatsache, dass Meeses 91jährige Mutter auch ganz oft mitsingt, sogar Spoken Word, und einen guten Kontrast zum eher kantigen, stoischen Sound abgibt.

Erschienen bei: Buback / Indigo