Richard Dawson – 2020

Die Platten von Richard Dawson sind ja nicht gerade bekannt dafür, dass sie konventionell sind. Da macht auch das neueste auf dieses Jahr datierte „2020“ keine Ausnahme, aber man kann sagen, dass es dennoch der melodischste Langspieler in seiner Diskographie ist.

Auch ist es das siebte Werk des Briten, mit dem straightesten Gitarrenspiel in seiner Geschichte, und gleich der Opener „Civil Servant“ liefert den Beweis, da brummen die Gitarren gleich zu Beginn an ein Loch in die Magengrube, und dann singt Richard Dawson eindringlich mehr, als man ihm zutraut. Manchmal kann man sich sogar vorstellen, dass hier System Of A Down erste Fußschritte in Richtung Folk wagen und dabei noch ein wenig den elektronischen Spieltrieb ausleben. Das klingt im ersten Moment ein wenig abwertend, ist es aber nicht.

Denn hier herrscht eine Dringlichkeit, ernst geht es zu, und es ist sehr druckvoll. So geht es auf dem Album weiter, und „Jooging“ ist schon fast ein kleiner Hit, der durchaus in den späten Achtzigern nach den Pixies gespielt hätte werden können. Doch im Herzen ist der unscheinbare Mann doch ein Folk-Musiker, den man nicht kalkulieren kann. So gibt es wieder undurchsichtigen und schrulligen Folk, den die meisten Menschen nicht verstehen. Nur ist dieser diesmal meist wuchtiger.

Was „2020“ aber auch zu einem Unikat heranreifen lässt, sind die schrägen Geschichten, die Richard Dawson diesmal auftischt. Da geht es um einen Pub-Besitzer, der versucht, seine Bar vor einer Flut zu retten, um Emojis, er besingt den Vorgang von Wollfärbung vor mehr als 1900 Jahren oder Jogger mit Betablockern. Alles Storys, die kein anderer aufgreift außer die Geschichte des Pub-Besitzers in Zeiten des Klimawandels. Eines macht „2020“ zu einem großen Werk: Es wächst nach jedem Durchgang, und man möchte es immer wieder hören. Großartig!

Erschienen bei: Domino / GoodtoGo

richarddawson.net