Die Realität – Bubblegum Noir

Die Realität ist immer für eine Überraschung gut, das musste auch die gleichnamige Band erfahren. Ursprünglich war es als Duo-Projekt geplant vom TV-Kreativkopf („Fast Forward“ auf Viva 2) und Solo-Musiker Eric Pfeil. Drei Alben hat er mit zwei Musikern herausgebracht, Alfred Jansen und Felix Hedderich, und irgendwann passte es nicht mehr, dass Pfeil die anderen beiden nur als Begleitband betitelte. Da die beiden sich immer schon Die Realität nannten, war die Namensgebung kein Thema.

Doch es blieb nicht alles unverändert, denn die Musik auf dem ersten realen „Die Realität“-Album „Bubblegum Noir ist eine andere. Waren auf Eric Pfeils Werken die Songs noch immer sehr intim und hatten etwas Vertrautes, wie man es man sonst nur von seinen eigenen vier Wänden kennt, ist diesmal alles anders. Die Musik sprengt die vier Wände weg und schießt eher weg von der Realität ins Cosmische, denn die Songs haben nur selten Refrain- und Strophen-Schemata. Auch sonst haben sie kaum Arrangements, aus denen herkömmliche Songs geschrieben sind.

Es ist eine Mixtur aus selbstgebasteltem Postpunk (besonders bei „Auto geklaut“), dezenter italienischer Filmmusik, jeder Menge Krautrock und Noise. Der Opener „Nur die Realität“ klingt wie ein hitziger Ritt, der nach und nach ins Cosmische abdriftet, oder wie Can in einem dreckigen Tanztempel, in dem die Flaming Lips tanzen. „Ein Romantisches Leben“ ist Jazz, der zwar einsam in die Nacht weht, aber auch die Bodenhaftung nach und nach verliert.

„Frei und Verloren“ ist eine Kathedrale aus verzerrten Gitarren und Noise-Attacken, die irgendwo zwischen Suicide und der Süße von My Bloody Valentine changiert. Bei „Robert Forster / Grant McLennan“ huldigen die Realität dem genialen Songwriter-Duo The Go-Betweens, und hier ist es gelungen, den Schmiss und die Jangle-Sounds der Indie-Helden des Duos einzufangen. „Die traurige Discothek“ ist düsterer Postpunk mit leichtem Industrial-Noise, der dann „Out Of Space“ geht.

Der Schlusssong „Aber die Wirklichkeit“ ist dann herrlich schöner Northern Soul mit den Mitteln von Die Realität. Produziert wurde „Bubblegum Noir“ von Olaf Opal, der schon vielen Meisterwerken seine Handschrift verliehen hat, zuletzt „Die besten Jahre“ von International Music.

Erschienen bei: Trikont / Indigo

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